Der Wald als Klimaschützer

Wie Bäume Treibhausgase speichern, welchen Beitrag der Brandenburger Wald zur Begrenzung der globalen Erwärmung leistet, wann Forstwirtschaft als nachhaltig gilt und welche innovativen Klimaschutzprojekte es unter märkischen Wipfeln gibt

Eichel

Die Wälder der Erde erfüllen zwei grundlegende und enorm wichtige Klimafunktionen: die Kohlenstoffspeicherung und die Wettersteuerung. Aktuell sind noch 30 Prozent der Landoberfläche mit Wäldern bedeckt – diese schaffen es, die Hälfte des auf der Erde gebundenen Kohlenstoffs in ihrer Vegetation zu speichern. Durch diese Speicherung steuern sie das Wetter und wirken wie eine gigantische Klimaanlage, indem sie die auf ihre Baumkronen einstrahlende Sonnenenergie in Wasserdampf umwandeln und damit die Atmosphäre abkühlen.

Unser Wald ist ein Speichersystem mit drei großen Speicherbecken. Die sogenannte lebende Biomasse, die aus Holz, Blättern, Nadeln und Wurzeln besteht, ist für die Kohlenstoffspeicherung verantwortlich. Stirbt diese lebende Biomasse ab, kommt das zweite Speicherbecken, die oberirdische tote Biomasse, zum Tragen – denn der Kohlenstoff verbleibt im Totholz und in den welkenden Blättern. Die Verrottung der Biomasse setzt den gespeicherten Kohlenstoff wieder frei – durch den natürlichen Biokreislauf aber wird dieser, mithilfe der Insekten und des Regens, in das dritte Speicherbecken, den Waldboden, zurückgeführt und dort langfristig gebunden.

Waldrodung bedeutet Treibhausgasausstoß

Werden Wälder also einfach gerodet und nicht nachhaltig bewirtschaftet, wird das gesamte über Jahrzehnte und Jahrhunderte gespeicherte CO2 freigesetzt – ohne erneut gebunden zu werden. Mit einem Anteil von 13 Prozent an den Treibhausgasemissionen trägt die weltweite Rodung selbst zudem massiv zur globalen Erhitzung bei. Gebe es jedoch wieder einen Zuwachs an Waldflächen zu verzeichnen, vergrößerte sich das erste Speicherbecken der lebenden Biomasse und könnte folgerichtig auch wieder mehr Kohlenstoff binden. Die gleiche – ganz einfache – Rechnung gilt auch für die oberirdische tote Biomasse: Verbliebe das Totholz im Wald, würde sich damit auch das zweite Kohlenstoffspeicherbecken vergrößern, was zusätzlich zu einer signifikanten Erhöhung der Biodiversität im Wald beitrüge.

Eine einzelne 35 Meter hohe und 100 Jahre alte Buche hat 3,5 Tonnen CO2 gespeichert. Im Vergleich dazu speichert eine Fichte mit gleicher Größe und gleichem Alter aufgrund der niedrigeren Holzdichte relativ wenig, nämlich nur 2,6 Tonnen CO2 – neben der Waldbrandgefahr ein weiterer wichtiger Grund, einen aktiven Waldumbau vom Nadelwald zum Laubwald zu forcieren.

Keine Bewirtschaftung ist auch keine Lösung

Ein Hektar deutscher Wald speichert pro Jahr rund sechs Tonnen CO2. In Brandenburg gibt es aktuell etwas mehr als eine Million Hektar tatsächliche Baumwaldfläche – entsprechend der Faustformel kann also davon ausgegangen werden, dass Brandenburgs Wälder pro Jahr etwa sechs Millionen Tonnen CO2 speichern. Laut Kohlenstoffinventur 2017 entlastet der gesamte Wald Deutschlands unsere Atmosphäre jährlich um rund 62 Millionen Tonnen CO2. Zum Vergleich: Der gesamte Treibhausgasausstoß in Deutschland lag 2021 bei 762 Millionen Tonnen.

Die vielen Berichte über Waldrodung, Brände oder Schädlinge verleiten möglicherweise zu dem Gedanken, den Wald doch bitte einfach in Ruhe zu lassen. Das aber wiederum ist eine Vorstellung, die dem Klima nicht hilft. Um Klima und Biodiversität zu schützen, brauchen wir in Deutschland und weltweit zweierlei Wälder: zum einen Wälder, die nicht bewirtschaftet werden, und zum anderen Wälder, die unter einer nachhaltigen Bewirtschaftung und Pflege stehen.

Wie kann Forstwirtschaft nachhaltig sein?

Als nachhaltige Forstwirtschaft wird „die Betreuung und Nutzung von Wäldern und Waldflächen auf eine Weise und in einem Ausmaß, welche deren biologische Vielfalt, Produktivität, Regenerationsfähigkeit und Vitalität erhält und ihre Fähigkeit, gegenwärtig und in Zukunft wichtige ökologische, wirtschaftliche und soziale Funktionen auf lokaler, nationaler und globaler Ebene zu erfüllen, gewährleistet, ohne dass dies zu Schäden an anderen Ökosystemen führt“ (Helsinki-Deklaration FOREST EUROPE, 1993), verstanden.

Damit Waldwirtschaft ökologisch sinnvoll ist, muss sie einer standortangepassten und nachhaltigen Herangehensweise folgen. Dazu gehört eine Forstpflege, die die natürliche Waldentwicklung zielgerichtet lenkt, sodass der Wald durch bestimmte Maßnahmen, die zur richtigen Zeit, am rechten Ort und in angemessenem Ausmaß vollzogen werden, in der Anpassungsfähigkeit an die globale Erhitzung unterstützt wird.

Nur so viel ernten, wie nachwächst

In Wäldern, die nachhaltig bewirtschaftet werden, findet eine dem biologischen Rhythmus angepasste Baumernte statt. Aus dieser Ernte werden dann bestenfalls langlebige Holzprodukte hergestellt, die weiterhin den Kohlenstoff in sich binden. Durch die kontrollierte Ernte wird stetig wieder Platz für neue Bäume geschaffen. Ein weiterer Punkt ist, dass eine nachhaltige Nutzung des Waldes die Verwendung von fossilen und CO2-intensiven Rohstoffen mindern kann. Grundsätzlich gilt: Eine wirklich nachhaltige Waldbewirtschaftung sorgt dafür, dass nie mehr Holz geerntet wird, als nachwächst.

Es ergeben sich demnach drei wichtige Strategien, um den Wald als Klimaschützer dauerhaft zu erhalten: erstens eine Erhöhung des Schutzes für wichtige Wälder wie die Tropen-, Regen- und Urwälder, zweitens eine nachhaltige Gestaltung jeglicher Forstwirtschaft, ob öffentlich oder privat, und drittens ein ressourcenschonender Umgang mit Produkten und Energie. Hierzu gehört auch der Wandel von der Wegwerf- zur Repariergesellschaft: Dinge, die einen Mängel haben, wieder funktionsfähig zu machen statt sie zu „entsorgen“ und samt des in ihnen enthaltenen Kohlenstoffs in einem Müllkraftwerk zu verbrennen.

Finanzielle Anreize

Wie veranlasst man aber Waldeigentümer*innen, ihre Flächen nachhaltig zu bewirtschaften? Eine wichtige Hilfestellung ist gezielte Aufklärungsarbeit. Daneben sind transparente Richtlinien und Gesetze zum Schutz der Wälder, die auch kontrolliert werden, unabdingbar. Des Weiteren sind finanzielle Instrumente hilfreich. So könnte zum Beispiel eine angemessene CO2-Entlohnung dafür sorgen, dass Waldeigentümer*innen einen finanziellen Anreiz haben, auf die Holzernte zu verzichten.

So fordert die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Waldbesitzerverbände (AGDW), dass analog zur CO2- Besteuerung (30 Euro pro Tonne im Jahr 2022) eine CO2-Entlohnung pro Tonne und Jahr für die CO2-Speicherung beziehungsweise -Senkung pro Hektar Wald gezahlt werden muss. Diese soll sich stetig zur Besteuerung des CO2-Ausstoßes entwickeln. Da sich eine solche Entlohnung nur auf die Menge der CO2-Speicherung bezieht, kann nur ein Wald, der entsprechenden Baumbestand hat, eine solche finanzielle Leistung erhalten.

Innovative Projekte in Brandenburg

Das Land Brandenburg unterstützt nachhaltiges Waldeigentum durch diverse Förderprogramme für den Mischwaldaufbau, die Bewältigung von Extremwetterfolgen und den Erhalt von Altbäumen. Des Weiteren gibt es einige innovative Projekte in Zusammenarbeit mit dem NABU, der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde und der Georg-August-Universität Göttingen. Hierzu gehört der „Gläserne Forst“, der erforscht, wie eine naturnahe sowie ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltige Waldwirtschaft funktionieren kann.

Auch in kleineren Dimensionen engagieren sich Menschen in Brandenburg, um Ideen zum Thema Wald als Klimaschützer zu etablieren. So gibt es in Zichow (Uckermark) den ersten Tiny Forest. Das Projekt entwickelt beziehungsweise pflanzt naturbelassene Kleinst- oder Mikrowälder. Ein solcher „Miniwald“ besteht aus einer dichten Mischung standortangepasster Baum- und Pflanzenarten. Der wachsende Mikrourwald leistet trotz seiner minimalen Größe von 100 bis maximal 2000 Quadratmeter wichtige Ökosystemdienstleistungen, die sich auf vielfältige und langfristige Weise positiv auf die Umwelt auswirken.

 

Dieser Artikel ist ein Beitrag aus dem Dossier Die Zukunft des Waldes in Brandenburg.