Spielplätze als öffentliche Räume
Anna Bilger hat für die Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg die mittelständische Firma SIK-Holz besucht, die Spielplätze aus dem Holz der Robinie entwirft und baut. Sie spricht mit der Vertriebsleiterin Antje Gust und der für das Marketing Zuständigen Ulrike Anders über Holz als nachwachsenden heimischen Rohstoff. Über die Rolle von Spielplätzen als öffentliche Räume, in denen sich Menschen jeden Tag bewegen, erleben und lernen können. Und die Bedeutung der Firma als Arbeitgeberin und Ort der Ausbildung in einer Region mit geringer Bevölkerung.
Podcast mit:
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Anna Bilger, Journalistin vom Audiokollektiv
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Antje Gust, Vertriebsleiterin der Firma SIK-Holz
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Ulrike Anders, Marketing der Firma SIK-Holz
Diese Podcastreihe wurde im Rahmen des Verbundprojektes „Wirtschaften mit Zukunft“ konzipiert.
Shownotes:
Firma SIK Holz: https://sik-holz.de/
Heinrich Böll Stiftung Brandenburg: https://www.boell-brandenburg.de/de
Transkript:
Intro: Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge der Reihe „Böll.Regional“, in der wir euch Projekte aus verschiedenen Bundesländern vorstellen.
Diese Staffel dreht sich um die Frage nach einem Wirtschaften mit Zukunft. Wir werden dabei Projekte und Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen präsentieren, die uns Wege zu einem nachhaltigen Wirtschaften zeigen.
Atmo Sägen
Ulrike ANDERS: Das ist jetzt eine unserer Produktionshallen, wo unsere Spielgeräte zusammengebaut werden. Diese haben auch eine gewisse Höhe, so dass man auch mal einen Turm aufstellen und die Geräte weitest möglich zusammenbauen kann. Hier sieht man gerade wie ein kleiner Karpfen entsteht,das ist der Kopf, der zusammengebaut wird.
Anna Bilger: Hallo. Ich bin Anna Bilger, vom Audiokollektiv und heute sind wir im Langenliepsdorf, im Süden von Brandenburg. Ich besuche hier die Firma SIK Holz, das ist ein mittelständisches Unternehmen mit 220 Mitarbeitenden und die entwerfen und bauen Spielplätze und Spielgeräte. Ulrike Anders ist für das Marketing zuständig und führt mich kurz auf dem Firmengelände herum, von der Produktionshalle vorbei am Holzlagerplatz. Hier liegen stapelweise Stämme in verschiedenen Formen Auffällig ist, kaum einer ist gerade.
Ulrike ANDERS Wir arbeiten mit Robinie.Robinie ist das langlebigste und das am meisten resistente Holz,was wir in Europa haben. Aber hier ist es immer noch so, dass viele holzverarbeitende Betriebe das als Abfallholz sehen, weil man da nicht ohne viel Verschnitt gerade Bretter rausbekommen kann.
Anna Bilger: Aus den Stämmen baut SIK Holz dann zum Beispiel Krokodile zum Balancieren oder Igel zum Wippen – in der hauseigenen Holzbildhauerei.
Ulrike ANDERS Hier werden unsere Skulpturen hergestellt, die sind ja für unsere Spielplätze sehr markant, weil wir ausgebildete Holzbildhauer haben, die wir teilweise selbst ausbilden – hier werden Federwipper, Kletterskulpturen gebaut, hier sieht man zum Beispiel so ein Pferd liegen, noch falsch herum, das wird dann natürlich richtig eingebaut, was dann zum Spielen da sein wird.
Anna Bilger: Die Firma wurde gegründet von Claudia und Klaus Peter Gust, beide haben sich mittlerweile aus dem Unternehmen zurückgezogen – ihre Tochter Antje Gust ist Vertriebsleiterin und sie treffen ich jetzt zum Interview. Seit wann gibt es denn SiK Holz?
Antje Gust: Die Firma wurde 1988 gegründet. Ja, und meine Eltern haben das quasi drüben in der eigenen Garage angefangen und haben…. Eigentlich wollten sie eher Innengestaltung machen von Räumen machen. Und irgendwann kamen die ersten Spielgeräte dazu und keiner wollte die Robinie haben. Und die stand hier aber überall herum, die wächst so gut und wild auf unseren trockenen Böden. Und ja, die konnte mein Vater zu DDR-Zeiten nehmen, ohne dass irgendwer was dagegen hatte. Und dann sind die ersten Nilpferde entstanden und die ersten kleinen Spieltürme und dann ist das ganze gewachsen.
Anna Bilger: Wofür steht denn eigentlich SIK?
Antje Gust: SIK steht für das S, für Spielen, das I für individuell und das K für kreativ.
Anna Bilger: Aus welcher Vorgeschichte, aus welchen Bedürfnissen ist die Firma entstanden? Welchen Bedarf haben Ihre Eltern gespürt?
Antje Gust: Ich glaube, das hat sich so nach und nach entwickelt. Dadurch dass die damals kleine Kinder hatten, schaut man vielleicht auch immer noch wie und wo unsere Kinder unsere Kinder spielen Und zu DDR-Zeiten gab es ja nur diese Metall-Klettergerüste, die ja überhaupt nicht einladend waren. Und daraus hat sich eigentlich entwickelt, dass man dann irgendwann gemerkt hat, dass das ein großer Markt ist und dass wir ja wirklich gute Spielplätze für unsere Kinder brauchen, wo die Kinder sich auch gut aufhalten, sich frei entfalten , sich bewegen und sich erproben können in allem, was sie so lernen müssen. Ja, und das Holz gibt den Kindern halt letztendlich auch eine ganz andere Haptik. Also, man spürt was anderes, wenn man es anfasst, als wenn man Metall anfasst. Es ist viel wärmer, es ist rauer. Also, ich kriege eine Verbindung zu dem ganzen Gerät und die Kinder können das Ganze halt auch noch mal anders erleben. Schön ist es auch, wenn das Drumherum auch noch mit eingeplant wird, also die Sträucher mit geplant werden, wo es noch irgendwelche Beeren gibt. Dass die Kinder dann alle möglichen Sinne noch - wie Schmecken oder Riechen - noch miterleben können.
Anna Bilger: Was sind denn aktuelle Beispiele Ihrer Arbeit?
Antje Gust: Wir haben im letzten Jahr die Landesgartenschau in Beelitz hier in der Nähe ausgestattet. Das ist auch so mit der größte Spielplatz Brandenburgs geworden. Also Beelitz ist ja eine Spargel-Stadt sozusagen. Da wurde ganz viel zum Thema Spargel mit eingebaut. Wir haben einen ganz großen Spargel-Turm aufgestellt mit großen weißen langen Pfosten. Der ist ungefähr acht Meter hoch mit vier Rutschen darunter, der ganz viel Spaß macht und einen großen Korb sozusagen, wo der Spargel drin ist.Wir haben auch ein Slawen-Dorf mit eingebaut, also so, dass es die Region hier widerspiegelt.
Anna Bilger: Was ist denn die Vision? Die hinter dem Unternehmen steht?
Antje Gust: Wir wollen halt, dass sich der Mensch jeden Tag im öffentlichen Raum bewegen und erleben kann, also egal welcher Mensch. Es müssen ja nicht immer nur Kinder sein, es können auch alte Leute sein, die mit Kindern zusammen was auf den Plätzen machen. Es können auch Kinder oder Menschen mit Handicap sein, die rausgehen und sich bewegen wollen oder müssen. Und jedes Mal wenn man das Holz anfasst, erlebt man sich ja auch selber. Oder man taucht in so eine Spielplatz Inszenierung ein. Wir sind darauf bedacht, dass wir heimische Hölzer nehmen, überwiegend aus Deutschland. Ein Teil kaufen wir auch aus osteuropäischen Ländern , aber überwiegend aus Deutschland. Kommt also alles sehr regional mit kurzen Transportwegen. Wir wollen ein sozialer Arbeitgeber sein. Wir haben einen sehr großen Fokus auf unsere Ausbildung, dass wir unsere eigenen Fachkräfte sozusagen uns ran ziehen. Das ist hier genauso ein Problem, wie in anderen Regionen auch, gute Fachkräfte zu bekommen
Anna Bilger: Haben Sie ihre Ausbildung auch hier gemacht?
Antje Gust: Nein, ich bin eigentlich von Hause aus gelernte Gärtnerin und bin dann so mit der Zeit hier rein gewachsen. Somit habe ich es halt nie aus den Augen verloren und wollte ja irgendwann, als das zweite Kind dann groß genug war, wieder arbeiten gehen. Aber irgendwie war es halt auch nicht möglich, einen Halbtagsjob zu bekommen und gleichzeitig noch genug Zeit für die Kinder zu haben. Und dann habe ich eigentlich mobil von Zuhause aus für SIK gearbeitet und habe lange Kindergärten akquiriert. So bin ich Stück für Stück da rein gewachsen. Erst habe ich den inländischen Vertrieb gemacht und jetzt das Ausland noch mit.
Anna Bilger: Wenn man Ihr Unternehmen nachahmen wollen würde, welche Bedingungen bräuchte es?
Antje Gust: Das ist gar nicht so schwierig. Wir haben halt sehr viele Nachahmer. Mein Vater hat damals angefangen mit Robinie zu arbeiten und wurde auf den ersten Messen, die er dann so nach der Wende in Westdeutschland besucht hat, belächelt, weil er mit krummen Holz hinfährt und einen dreiköpfigen Drachen ausstellt . Aber irgendwann haben alle gemerkt, dass das Robinienholz eine super Resistenz hat, langlebig ist und dass die Kunden oder der Markt darauf abfahren. Und es gibt inzwischen etliche Hersteller , die mit Robinienholz arbeiten. Und Robine lässt sich auch nicht begradigen wie wie Nadelholz oder so.
Wir haben letztendlich schon eine sehr gute Qualität. Also wir haben andere Verbindungen an den Hölzern, dass es alles schlüssig ineinander übergeht. Und da sieht man halt auch oft die Qualität wie etwas zusammengebaut wird. Und wir haben eine sehr gute Planung im Vorfeld und eine gute Beratung vor Ort. Wir sind bestrebt, eine sehr gute Kundenbindung und einen sehr guten Service anzubieten. Und ich denke, das macht uns aus. Deswegen sind wir immer noch so erfolgreich am Markt.
Anna Bilger: Woran merken Sie denn, dass so ein Projekt gelungen ist?
Antje Gust: An zufriedenen Kunden, glücklichen Kindern, die darauf spielen. Und auch daran, dass wir für uns sagen: Das Projekt hat hier bei uns in der Abwicklung sehr gut funktioniert. Das ist es schon. Es muss nicht immer ein Designerpreissein, den man bekommt, wenn man einen großen Storch in Portugal hinstellt oder so, aber einfach wenn der Kunde zufrieden ist und wir für uns wissen, dass das gut abgelaufen ist und unsere Mitarbeiter an den Schnittstellen gut miteinander gearbeitet haben.Das sind Sachen, die gut funktioniert haben. Ja, jedes Projekt ist eigentlich anders. Selbst wenn wir eine Anlage aus dem Katalog nehmen, die dann noch mal irgendwo verkauft wird. Aber die Bedingungen vor Ort sind immer anders. Entweder ist es die schwere Zufahrt oder das Ganze ist zusätzlich in der Hanglage. Jedes Mal muss man halt neu denken und andere Sachen noch mit beachten. Deswegen sind wir jedes Mal gefragt, irgendwie kreativ weiter zu denken.
Anna Bilger: Worin besteht Ihr Beitrag zu einem Wirtschaften mit Zukunft ?
Antje Gust: Also unser Beitrag besteht darin, dass wir weiter bestrebt sind, richtig klimaneutral zu werden, also dass wir irgendwann auf irgendwelchen Wegen, die sich auch noch entwickeln müssen, die ja nicht von uns kommen können, auch auf andere Fahrzeuge umstellen können. Also, dass wir richtig CO2-neutral werden. Was wir bereits machen: Wir heizen unsere Gebäude hier alle mit unseren Abfällen von unserem Holz und wir haben eine Holz-Vergaser-Heizung. Wir produzieren unseren eigenen Strom. Wir haben jetzt mittlerweile eine große Photovoltaikanlage auf dem Dach, die eigentlich doch den größten Teil für uns selber produziert. Und der große Teil, der bei uns halt noch anfällt, sind die Dieselfahrzeuge. Also sei es der LKW, der die Geräte zum Kunden bringt oder die Stapler, die hier bei uns auf dem Gelände fahren. Oder unsere Außendienstmitarbeiter. Die fahren auch noch alle Diesel-PKW. Und wenn es dafür gute, sinnvolle, elektrische oder andere Alternativen gibt, dann werden wir da auch mit umsteigen. Das muss dann so nach und nach passieren. Und eine andere Sache ist, wo wir zukunftsorientiert denken oder handeln, unsere Lehrwerkstatt. Dass wir in die Zukunft der jungen Menschen investieren, in die Zukunft unserer Mitarbeiter und in gute Fachkräfte. Wir sind ein regionaler Arbeitgeber und bestrebt daran, wenn unsere Mitarbeiter irgendwelche anderen Bedingungen brauchen, da auch immer miteinander zu schauen, um Lösungen zu finden. Also sei es irgendwie mobiles Arbeiten teilweise zu ermöglichen für Leute aus der Verwaltung, dass die vielleicht auch irgendwas mit den Kindern ein bisschen besser handhaben können, solche Sachen. Da sind wir schon weit denkend und wollen das sehr attraktiv gestalten. Als großer Arbeitgeber hält man ja noch auch die Menschen in der Region. Hier im Süden von Brandenburg sind wir ja nicht so dicht besiedelt und dadurch sind wir ja dann doch eine Bereicherung für die Gemeinden, die hier so sind und unterstützen das auf dem Weg mit.
Anna Bilger: Ich glaube, Sie haben auch hier in der Gemeinde den Spielplatz gestaltet?
Antje Gust: Wir haben den hier, direkt in Langenliepsdorf, den haben wir auch vor ein paar Jahren neu gemacht. Auch in Jüterbog kommt jetzt ein neuer Spielplatz hin. Also fast alle Dörfer so um uns herum haben auch einen kleinen Spielplatz von uns. Also das ist uns auch sehr wichtig, dass da unsere Spielplätze stehen und nicht andere. Genau.
Anna Bilger: Sehr schön. Vielen Dank für das Gespräch.
Antje Gust: Sehr gerne. Vielen Dank für Ihren Besuch.
Diese Folge wurde vom Audiokollektiv produziert für die Landesstiftung Brandenburg der Heinrich-Böll-Stiftung.
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